Die letzten Fischer der Kaiserbäder

Seebad Ahlbeck. 6 Uhr morgens. Der Wind trägt ein leises Tuckern eines Motors über das Wasser. Je dichter es kommt, desto lauter wird das Kreischen der Möwen. In Schwärmen umkreisen sie das Boot um sich um die Fischhappen zu streiten.

Die flachen Holzkutter, die ihren Ankerplatz vor der Kulisse der Ahlbecker Seebrücke haben, schaffen es fast bis an die Wasserkante. Mit Kraft und Gebrüll ziehen Trecker die Boote rücklings auf den weichen Sand. Schon seit vielen Generationen gehören sie zum vertrauten Bild der Kaiserbäder, wenngleich aus einem Hauptberuf ein Traditionsgeschäft geworden ist. Früher waren es unzählige Boote, die allmorgendlich darauf warteten, dass die hart arbeitenden Fischer mit ihnen hinausfuhren, um die Netze mit den roten Fähnchen einzuholen. Randvoll waren die Bäuche der Sandkutter einst mit dem Silber der Ostsee gefüllt: Dem Hering.

 

 

Während es 1932 immerhin noch 7.305 Berufsfischer in Pommern gab, sind es heute nur noch 270 entlang der Ostseeküste von Flensburg bis nach Ahlbeck. Kurz vor der Wende fuhren noch 65 Fischer in den Kaiserbädern auf die Ostsee hinaus, heute kann man die hiesigen Berufsfischer an zwei Fingern abzählen. Überfischung, Fangquoten und Fischimporte sorgten letztendlich für die Eindämmung des Berufsstandes.

Doch diese Fischer sieht man noch heute, gekleidet in Ölzeug, Troyer und Mütze, die glitzernden Heringe aus den Netzen puhlend und den fangfrischen Fisch direkt vom Kutter verkaufend. Man kann ihren Geschichten und der Hoffnung lauschen, ihren Traditionsberuf noch so lange wie möglich zu erhalten.

 


Unsere Fischer

Traditionell

Schon der Name des Ortes – Heringsdorf – geht auf die Tradition der Fischerei zurück: Im Amtsblatt der königlichen Regierung zu Stettin vom 31. Juli 1820 wird der Ortsname das erste mal offiziell erwähnt. Doch bereits vorher fingen die Fischer der Kolonie die Heringe, die in Schwärmen an der Insel vorbeizogen. Daraus resultierend errichtete Oberforstmeister Georg Bernhard von Bülow, der Gründervater der Gemeinde, eine Heringspackerei. Diese wollte 1820 vom König Friedrich Wilhelm III. besucht werden. Jedoch war eine Neugründung einer Ortschaft mit einem Vorschlag zur Namensbeilegung anzumelden. Auf Grundlage dieses Versäumnisses musste schnell eine Lösung her. Da traf es sich gut, dass die Prinzen Wilhelm und  Carl bereits am Vortag ihres Vaters in die neue Kolonie gereist sind. Sie sollen es gewesen sein, die der Ortschaft den Namen “Heringsdorff” gegeben haben, wie von Bülow in der Anzeige zur Beantragung des Ortsnamens schreibt. Gut, dass bereits am Folgetag, als der König Heringsdorf besucht, die Namenstafel aufgestellt war. Wie von Bülow das wohl so schnell hinbekommen hat?

Nachhaltig

Der Fischfang ist nicht nur essentiell für die Region und ihre Einheimischen, sondern auch für die Destination und ihre Gäste. Oder würden Sie auf das typisch leckere Fischbrötchen verzichten wollen? Die traditionelle Art des Fischfangs mit Netzen und Fähnchen könnte nachhaltiger nicht sein. Im Verhältnis zur Industriefischerei sind es die regionale Beschaffung, die geringen Fangzahlen und die verantwortungsvolle Befischung, die die Traditionsfischerei in der Ostsee ausmachen. Doch heute sind viele Fischerboote vom Strand der Kaiserbäder verschwunden. Ein großes Stück Tradition ist damit bereits untergegangen.

Bedroht

Schon bald wird der Beruf des Fischers wie ein Kutter am Horizont verschwinden. Dabei scheitert es bei weitem nicht an der Liebe zum Meer oder der Härte der Arbeit, sondern vielmehr an Überalterung, Nachwuchsmangel und Restriktionen. Die Tradition steckt in der Krise, schon seit langer Zeit. Mit immer niedrigeren Fangquoten ist die traditionelle Fischerszunft mittlerweile jedoch mehr als bedroht, letztendlich steht sie vor dem Aus. Und damit auch ein Stück Historie, dass die Kaiserbäder als solche einst begründete.