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Foto oben: Das 1908/1909 erbaute und 1963 abgebrannte Familienbad von Heringsdorf, Archiv Hans Jürgen Merkle
Die Kaiserbäder – Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin – blicken auf eine spannende und wechselvolle Geschichte zurück. Mindestens seit der sogenannten „Kaiserzeit“ ab 1871 waren Heringsdorf und Ahlbeck, ab 1897 auch Bansin, Vorreiter in der Entwicklung des modernen Badewesens. Dieser Aufstieg wurde von herausragenden Persönlichkeiten ermöglicht, die das kulturelle Leben der drei Badeorte wesentlich prägten. Die schöne Lage und die Geschlossenheit der Architektur üben bis heute eine große Anziehung aus.
Die Chronologie auf dieser Seite ist in enger Zusammenarbeit mit den Ortshistorikern und dem Geschichtsverein der Kaiserbäder e.V. entstanden. Sie beschränkt sich (nur) auf die touristisch bedeutsamsten Informationen. Dabei wurde auch die Geschichte der Ortsteile Gothen, Alt Sallenthin, Neu Sallenthin, Sellin und Dorf Bansin sowie der heute nicht mehr erkennbaren Ortsteile Neukrug und Neuhof berücksichtigt, die Ausgangspunkte für die Entwicklung der Seebäder waren.
Erstmals urkundlich als Salentyn erwähnt. Der Ort kam als Tauschobjekt in den Besitz des Prämonstratenserklosters Grobe bei Stadt Usedom. Das Kloster tauschte seinen Besitz in der Nähe von Gützkow mit dem des Ritters Tamme von Horn auf Usedom ein. Die Urkunde wurde am 13. Dezember 1254 in Wolgast von Herzog Barnim I. von Pommern ausgestellt.
Erstmals urkundlich als Banzyno erwähnt. Banzyno war eine kleine wendische Ansiedlung am Gothensee. Es war ein Lehndorf des Herbertus Romele von Lessan. Seine Witwe tauschte es mit Genehmigung des Herzog Barnim I. von Pommern mit dem Kloster Grobe gegen ein anderes Dorf ein. In der Urkunde hierüber wurde Banzyno erstmals offiziell erwähnt.
Erstmals urkundlich als Zelenyn erwähnt. Zelenyn, ein kleines von Fischern bewohntes Dorf am Schmollensee, wurde von Herzog Barnim I. von Pommern dem Kloster Grobe als Schenkung vermacht „da es die göttliche Allmacht will“.
Das Prämonstratenserkloster Grobe in der Nähe von Stadt Usedom wurde 1309 nach Pudglowe (Pudagla) verlegt. Herzog Barnim I. von Pommern hatte dem Kloster auch dieses Dorf 1273 als Schenkung überlassen „zur Tilgung seiner Sünden und der Sünden seiner Vorfahren“.
Erstmals urkundlich als Nyge Krog erwähnt. In einer Urkunde, ausgestellt von Herzog Wartislaw IV. von Wolgast über den Umfang des Besitzes von Kloster Pudagla, wurde Neukrug als Taverne Nyge Krog als östliche Grenze am Ostseestrand genannt.
Erstmals urkundlich als Chotin erwähnt. Das Kloster Pudagla und die Stadt Usedom hatten sich nach langem Streit über ihre Besitzverhältnisse geeinigt. Eine Urkunde hierüber wurde am 7. April 1342 ausgestellt. Als ein Zeuge trat u.a. „dominus Rodolfus miles dictus de Chotin (Herr Rodolfus Ritter genannt von Chotin)“ auf.
Unter den Pommernherzögen Philipp I. von Wolgast und Barnim IX. von Stettin wurde die Einführung der Reformation beschlossen.
1535 erfolgte die Säkularisierung des Klosters Pudagla, es wurde herzogliche Domäne. 1574 ließ Herzog Ernst Ludwig von Pommern Wolgast einen Witwensitz für seine Mutter auf dem Klostergelände errichten.
Infolge der Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück wurde Pommern zwischen Schweden und Brandenburg geteilt. Schweden erhielt Vorpommern mit Stettin, Usedom, Rügen und einem Landstreifen östlich der Oder.
In der Schwedischen Landesaufnahme (Kataster der Schwedischen Regierung) wurde ein „Adelsackerhof“ namens Neuhof erfasst, der zum Rittergut Mellenthin gehörte.
Auf der westlichen Seite der Beek wurde eine Wassermühle errichtet. Das Land gehörte zum Rittergut Mellenthin. Die ersten Siedler waren ein Müller, ein Teerbrenner und ein Fischer mit ihren Familien. In Anlehnung an den in der Beek betriebenen Aalfang hieß die Ansiedlung Ahlbeck.
Mit Ende des großen Nordischen Krieges im Frieden von Stockholm erwarb Preußen die Insel Usedom und Vorpommern bis zur Peene. Vorpommern nördlich der Peene verblieb bei Schweden.
Nach dem Großen Nordischen Krieg lag das Land wirtschaftlich danieder, Vorrang hatte der Wiederaufbau. Dazu gehörte auch die Melioration (Urbarmachung von Ödland, Werterhöhung des Bodens) des Thurbruchs und die Trockenlegung der Wiesen an der Beek, mit der Friedrich II. von Preußen den Geheimen Finanzrat Franz Balthasar von Brenkenhoff beauftragt hatte. Um dessen Erfolg nicht zu gefährden, wurden am östlichen Ufer der Beek, also auf Domänengebiet, Kolonisten angesiedelt. Sie hatten den Auftrag, die Beek sauber zu halten. Die Ansiedlung wurde Ahlbeck königlichen Anteils genannt um sie von der Ansiedlung auf der westlichen Seite der Beek – Ahlbeck adelig – zu unterscheiden.
Die Bemühungen der Einwohner von Ahlbeck königlich reichten nicht aus. Die Flächen an der Beek wurden weiterhin überschwemmt. Jetzt wurde auf Betreiben des Geheimen Finanzrats von Brenkenhoff die Wassermühle an der Beek abgebaut, um damit die Vernässung des Landes endgültig abzustellen.
1780 bürgerte sich amtlich für beide Dörfer der Name Ahlbeck „adeligen Anteils“ und Ahlbeck „königlichen Anteils“ ein.
Das zu den Mellenthinschen Gütern gehörende Dorf Gothen wird in ein Vorwerk umgewandelt, die Bauern werden nach Neuhof umgesiedelt.
Der Wiener Kongress stand am Ende der Befreiungskriege gegen die napoleonische Herrschaft und brachte Schwedisch Pommern als Neu Vorpommern zu Preußen.
Die Gebrüder Ernst Gottfried von Bülow-Cummerow und Georg Bernhard von Bülow-Rieth hatten aus der Konkursmasse des Rittergutes Mellenthin das Gut Gothen ersteigert. Hierzu gehörten das Bauerndorf Neuhof, die Fischerkolonie Neukrug und das Fischerdorf Ahlbeck adelig. Sie begannen mit dem Durchforsten des küstennahen Waldes und entdeckten dabei die Schönheit der Landschaft. Ab 1818 fingen sie an, kleine Parzellen in Strandnähe an Häusler (Kleinststellenbesitzer mit eigenem Haus) zu vergeben. Diese waren es wahrscheinlich, die hier mit dem Heringsfang begannen.
Die Entwässerung des Thurbruchs über die Aal-Beek erwies sich immer noch als unzureichend. So ordnete der neue Oberpräsident der Provinz Pommern, Johann August Sack, den Bau eines Kanals an, der vom Nordufer des Gothensees über den verlandeten östlichen Schloonsee zur Ostsee führen sollte. Den dafür benötigten Landstreifen hatte Sack von den Besitzern des Gutes Gothen – den Gebrüdern von Bülow – für 5.800 Taler gekauft, wovon 4.940 Taler von der Staatskasse übernommen worden waren. Der Kanal wurde nach seinem Erbauer benannt. Noch heute erfüllt er seinen Zweck.
Die Gründung von Neu Sallenthin geht auf einen Erlass der Königlich Preußischen Regierung zu Stettin vom Februar 1818 zurück. Danach sollten in der Dorfschaft Sallenthin Bauern den größten Teil des bisher von ihnen bewirtschafteten Bodens als Eigentum erhalten und von Diensten und Lasten befreit werden – eine Folge der Stein-Hardenbergschen Reformen. Die betroffenen Bauern mussten Flächen an den beiden Krebsseen abgeben, die in kleine Parzellen aufgeteilt wurden. Interessenten konnten sie am 20. August 1818 bei einem Versteigerungstermin von der Staatsdomäne Pudagla erwerben.
Die Namensgebung Heringsdorfs hängt eng mit einer Reise des Königs Friedrich Wilhelm III. von Preußen zusammen. Er hatte für Juni seinen Antrittsbesuch in Neu Vorpommern geplant, das Preußen im Wiener Kongress zugeschrieben worden war. Es war vorgesehen, dass der König hier die Heringsfischerei bei Herrn von Bülow, den Sack-Kanal und die Aufforstung des Streckelsbergs in Augenschein nehmen sollte. Vor dem König nahmen am 5. Juni 1820 die Prinzen Wilhelm und Carl den Weg am Strand entlang und besichtigten die Heringspackerei. In ihrer Gegenwart wurde vor dem Packhaus eine Tafel mit dem Namen „Heringsdorff“ errichtet. Der König, der am 7. Juni kam, stimmte diesem Namen zu. Offiziell bestätigt wurde der Ortsname im Amts-Blatt der Königlichen Regierung zu Stettin No. 30 vom 31. Juli 1820.
Wurde die sog. Engelhardt’sche Karte veröffentlicht. Es war das erste Mal, dass der Ort Heringsdorf auf einer Karte verzeichnet war. Auch beide Ahlbeck (adelig und königlich) links und rechts der Beek findet man auf der Karte.
Die Nachbarstadt Swinemünde war ein Badeort geworden und auch in Heringsdorf gab es Bautätigkeiten, die die Grundlage für die Entstehung eines Seebades bildeten. Georg Bernhard von Bülow ließ ein Damen- und ein Herrenbad errichten und auf dem 34 m hohen Kulm ein Gesellschaftshaus. Dieses enthielt einen Saal, in dem mehr als 60 Personen speisen konnten. Danach folgte ein Logierhaus, das vier Familien aufnehmen konnte. Verschiedene Privatpersonen bauten in Heringsdorf eigene Häuser, in denen sie den Sommer zubrachten. Auch im Ort wohnende Fischer vermieteten Zimmer an Badegäste. Heringsdorf florierte und zählte 1831 schon 12 Häuser mit 67 ständigen Einwohnern
Heringsdorf, das sich zu einem bekannten Seebad entwickelt hatte, besaß keine Kirche. Die immer zahlreicher gewordenen Gäste ebenso wie die Einwohner äußerten den Wunsch nach einer eigenen Kirche. Der Ortsgründer Georg Bernhard von Bülow stellte ein passendes Grundstück im Wald auf dem Kulm zur Verfügung. Auch der preußische König Friedrich Wilhelm IV. befürwortete das Ansinnen und beauftragte für den Entwurf den Königlichen Hofbaurat Ludwig Persius. Dieser konnte den Bau nicht verwirklichen. Er starb 1845. Der Bauingenieur Otto Baensch übernahm die Ausführung. 1848 wurde der neugotische Backsteinbau eingeweiht.
Mitte des 19. Jahrhunderts zählte man beiderseits der Aal-Beek schon knapp 500 Einwohner. Noch waren es zwei Orte, aber allmählich wuchsen sie zusammen. Der Ahlbecker Lehrer Johann Koch beherbergte 1852 die ersten Gäste. Es waren die Kinder des Gutspächters Holz aus Stolpe mit der Erzieherin. Dieser Besuch markierte den Beginn einer langen Tradition als Badeort.
Die Brüder Adelbert und Hugo Delbrück hatten die Vision, Heringsdorf zu einem einträglichen und schicken Heilbad auszubauen. Als sie erfuhren, dass die Gräfin zu Stolberg-Wernigerode, Eigentümerin des Gutes Gothen, einen Teil ihres Landes in Strandnähe verkaufen wollte, sahen sie die Chance, diese Vision zu verwirklichen. Als Deutsche Baugesellschaft erwarben sie den Ort Heringsdorf mit allen Badeanstalten und einem Teil des Waldes. Mit Berliner Bankiers, zu denen Oppenheim und Bleichröder gehörten, gründeten sie die Aktiengesellschaft Seebad Heringsdorf, deren erster Direktor Hugo Delbrück wurde.
Der Wunsch mit der Bahn von Berlin auf die Insel zu fahren, entstand zwangsläufig mit der Erweiterung des Schienennetzes im 19. Jahrhundert. Nach vielem Hin und Her wurde die Strecke Ducherow – Stadt Usedom- Swinemünde, die die Peene mit einer Drehbrücke überquerte, in Betrieb genommen.
Durch königlichen Erlass vom 4. Juni 1879, veröffentlicht am 19. Juni 1879 im Amtsblatt der Regierung zu Stettin, wurden die Kolonien Heringsdorf und Neukrug vom selbständigen Gutsbezirk Gothen abgetrennt und als besonderer Gemeindebezirk mit dem Namen „Seebad Heringsdorf“ eigenständig.
Aus „Ahlbeck adeligen Anteils“ und „Ahlbeck königlichen Anteils“ wird per Erlass die Gemeinde Ahlbeck. Erster Bürgermeister – damals Schulze genannt – war Ernst Krüger. Es wurden Badeanstalten, eine Seebrücke und eine Kirche gebaut. Einzelne Ahlbecker errichteten nun zeitgemäße Villen. Der Ausbau als Seebad florierte.
In Ahlbeck wurde über Strand und Meer eine hölzerne Plattform zu Aussichtszwecken errichtet - Vorläufer der 1898 ausgebauten Seebrücke.
Der Berliner Kommerzienrat und Typograf Hermann Berthold ließ sich in Heringsdorf eine Villa im Stil des Neoklassizismus errichten. Von den vielen kunsthistorischen Besonderheiten ist das Giebel-Mosaik „Badende Grazien“ des Italieners Antonio Salviati am bedeutendsten. Die Villa zählt zu den wichtigsten Baudenkmälern der Bäderarchitektur im Ostseeraum. Nach mehreren Eigentümerwechseln etablierte sich erst in den 1920-er Jahren ihre Bezeichnung als Villa Oechsler.
Auch der Berliner Bankier Benoit Oppenheim zählte zu den ersten Bauherren im Seebad Heringsdorf. Eingebettet in eine Parklandschaft, ließ er sich eine Villa im Stil des italienischen Renaissance-Architekten Andrea Palladio errichten. Die Villa wurde später zu einem Lieblingsmotiv des deutsch-amerikanischen Malers Lyonel Feininger.
Die Kaiser-Wilhelm-Brücke in Heringsdorf erhielt 1891 per „kaiserlicher Kabinettsorder“ ihren Namen. Zunächst wurde der 500 Meter lange Seesteg errichtet, bevor zwei Jahre später die landseitige Seebrücke mit ihren türmchenreichen Aufbauten, Kolonnaden, Geschäften und Restaurants folgte. 1902/03 wurde sie durch den Anbau der sogenannten Odin-Brücke erweitert. An der Spitze des Seestegs befand sich eine Aussichtsplattform mit Restaurant. Hier legten Dampfschiffe nach Swinemünde/Stettin, Rügen und Bornholm ab.
Am 1. Juli wurde die Eisenbahnstrecke Swinemünde–Heringsdorf eingeweiht. Die direkte Anbindung von Heringsdorf an die Hauptstadt Berlin verkürzte die Reisezeit erheblich und brachte dem Seebad einen enormen Zuwachs an Feriengästen.
Über drei Jahrzehnte lang sammelte der Kantor Johann Koch bei Einheimischen und Urlaubern für eine eigene Ahlbecker Kirche. Am 22. Juli 1894 wurde der Grundstein gelegt. Die Einweihung der im neugotischen Stil gebauten Kirche erfolgte am 29. August 1895.
Es waren ein Gast aus Berlin und der Alt Sallenthiner Schriftsteller Ernst Necker, die die Entwicklung der Seebäder aufmerksam verfolgt hatten und die Initiative zur Gründung des Seebades Bansin ergriffen. Sie schlossen sich mit weiteren Interessenten zu einer Gründergemeinschaft zusammen, die bei der Hafeninspektion Swinemünde den Bau von Badeanstalten beantragte und nach Genehmigung sofort zunächst zwei hölzerne Badehäuser und vier Rohrbuden als Ruheplätze errichten ließ.
In großen Waschzubern wurden in der Warmbadeanstalt Brause- und Meeresbäder verabreicht. Heute befindet sich in diesem Haus die Verwaltung der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf.
Die Gäste, die in immer größerer Zahl an den Strand von Bansin kamen, wollten nicht nur baden. Sie fragten nach Unterkünften, deren Bau noch 1896 in Angriff genommen wurde. Zu Beginn der Saison 1897 waren die ersten Häuser bezugsfertig und nahmen bereits 308 Gäste auf.
Auf der 1882 errichteten hölzernen Plattform wurden zwei gegenüber liegende Holzaufbauten errichtet. Sie dienten als Restaurant und als Bühne. Ebenfalls erfolgte die Verlängerung mit einem Seesteg als Schiffsanleger.
Direkt an der Heringsdorfer Promenade entstand 1898 das Strandcasino - ein „Meisterwerk moderner Eisenkonstruktion, mit Aussichtsturm“, wie es in einer Chronik von 1932 heißt. Zunächst wurde es auch als offizielles Kurhaus genutzt. Neben 18 eleganten Verkaufsläden beherbergte es einen 500 m² großen Tanzsaal. Im Sommer 1898 zählte Heringsdorf schon 13.430 Kurgäste.
Nach dem Tod von Hugo Delbrück im Jahr 1900 wurde dessen Sohn Werner Delbrück Direktor der Aktiengesellschaft Seebad Heringsdorf und setzte das Werk des Vaters fort. Der passionierte Ballonfahrer starb am 3. April 1910 bei einem Absturz vor der Insel Rügen im Alter von 43 Jahren.
Auf dem 45 m hohen Präsidentenberg wurde ein monumentaler quadratischer Turm aus Findlingen und Backsteinen gebaut. In der Innenhalle stand ein 3,5 Meter großes Bronzestandbild Bismarcks, das der bekannte Bildhauer Ernst Gustav Herter geschaffen hatte. Man folgte damit dem damaligen Trend, den ehemaligen Reichskanzler zu ehren. Der Turm wurde von einer riesigen Feuerschale gekrönt. Die Einweihung fand 1907 statt. Auf Befehl der Sowjetarmee wurde die Bismarck-Warte jedoch 1946 gesprengt. Heute sind von dem gewaltigen Turm nur noch ein paar Fundamentreste erhalten.
Am Weg von Heringsdorf nach Gothen hatte die Aktiengesellschaft Seebad Heringsdorf eine Pferderennbahn nach dem Vorbild der bekannten Trabrennbahn Karlshorst erbauen lassen. An einem Hang gelegen, hatten die Zuschauer einen großzügigen Blick über die weitläufige Anlage. Ein Höhepunkt in der Saison 1909 muss die Flugschau der Brüder Wright gewesen sein, die mit ihrer „Kitty Hawk“ hier ihre Runden flogen. In Betrieb war die Rennbahn nur bis 1914. Heute ist von der einst so mondänen Anlage nichts mehr erhalten.
Unter Heringsdorf befindet sich eine Solequelle, aus der seit 1896 Sole gefördert wurde. 1927/28 bohrte der Brunnenbauer Hermann Loeck einen neuen 408 Meter tiefen Brunnen in der Nähe der Heringsdorfer Seebrücke, aus dem noch heute Sole gefördert wird. Sie hat einen Salzgehalt von 4 Prozent.
Am 12. November 1908 wurde in Neu Sallenthin Hans Werner Richter geboren. Er war ein deutscher Schriftsteller und gewann auch als Initiator der „Gruppe 47“, der wichtigsten bundesdeutschen Schriftstellergruppierung der Nachkriegszeit, große Anerkennung. In seinen Büchern „Geschichten aus Bansin“ und „Spuren im Sand“ berichtete er von seiner Kindheit in Bansin. Er starb am 23. März 1993 und wurde auf dem Bansiner Friedhof bestattet.
Aufsehenerregend und von allerhand Klatsch begleitet waren die Teevisiten Kaiser Wilhelms II. bei der Witwe Elisabeth Staudt im „Haus Miramar“ in Heringsdorf. Der Kaiser fuhr stets in einem offenen Cabrio vor.
Der Ausbau der Strecke über Heringsdorf hinaus nach Wolgast Fähre erwies sich als notwendig und wurde als eingleisige Nebenbahn konzipiert. Eine gerade Streckenführung von Heringsdorf nach Bansin tangierte allerdings die Interessen der Heringsdorfer Aktiengesellschaft. Sie begründete ihre Ablehnung mit dem Wohl der Gäste, denen Lärm und Ruß der Züge nicht zugemutet werden konnten. Die neue Eisenbahnlinie musste in einem Bogen um den Präsidentenberg herumgeführt werden. Mit einem feierlichen Festakt wurde sie am 1. Juni 1911 eingeweiht.
Seit 1910 hatte Kaiser Wilhelm II. darüber nachgedacht, ein Kinderferienheim auf Usedom zu bauen, in dem sich Jungen und Mädchen aus dem Berliner Arbeitermilieu bei frischer Wald- und Meeresluft erholen konnten. Am östlichen Ende von Ahlbeck wurden zweckmäßige Holzbauten errichtet. Im Mai 1913 trafen die ersten kleinen Gäste ein. Die offizielle Einweihung nahm der Kaiser selbst am 14. Juni 1913 vor. Insgesamt 150 Jungen und Mädchen konnten hier von Mai bis Oktober für jeweils vier Wochen die Großstadt hinter sich lassen.
Verheerende Sturmhochwasser suchten und suchen die Insel Usedom im Winter immer wieder heim. Stellvertretend für alle wird hier die vom 29. Dezember 1913 genannt, von der Bansin besonders betroffen wurde. Die Wassermassen zerstörten mit elementarer Gewalt die neuen Badeanstalten, die Dünen, die Fischerhütten und den größten Teil der Promenade.
Auf dem ehemaligen Swinemünder Garnisonsexerzier- und Übungsplatz am Stettiner Haff, 8 km westlich des Dorfes Garz gab es eine ausreichend große ebene Fläche mit einer Grasnarbe als Rollfeld. Ein Zufahrtsweg für Automobile war schnell errichtet, ebenso wie Fliegerschuppen, Mannschaftszelte, Treibstofflager und eine Telegrafenanlage. So wurde am 5. Juli 1919 der Flugverkehr der Luftlinie Berlin-Swinemünde eröffnet. Damit gehört Garz-Heringsdorf zu den ältesten Zivilflugplätzen Deutschlands.
Bislang war an den Stränden Usedoms Baden nur innerhalb des Bereichs der Badeanstalten gestattet. Wer hiergegen verstieß, musste ein Ordnungsgeld zahlen. Nachdem bereits 1923 in einigen Orten des Regierungsbezirks Stralsund das Baden außerhalb der Badeanstalten genehmigt war, erschien im Amtsblatt der Preußischen Regierung zu Stettin vom 14. Juni 1924 eine Polizeiverordnung, nach der das Freibaden vom Strandkorb oder der Düne aus auch in den Seebädern dieses Regierungsbezirks gestattet wurde - aber nur in Badeanzügen aus undurchsichtigem Stoff und zu festgelegten Zeiten.
Der Platz zwischen Seebrücke und Strandcasino erfuhr 1929 eine Neugestaltung. Ein neuer Konzertgarten mit Musikpavillon und Springbrunnen ergänzte das Gesamtensemble zwischen Kurhaus und Hotel „Atlantic“, Strandcasino, Familienbad sowie der Seebrücke und dem Solebrunnenhaus zu einer der beeindruckendsten Kuranlagen ihrer Zeit.
Am Pfingstsonntag 1932 wurde der wohl schönste Musikpavillon der Insel Usedom an der Strandpromenade von Bansin eingeweiht.
Bereits 1925 gründete Carl Martin Harder in Wolgast eine Strandkorbfabrik. 1933 verlegte er das Unternehmen nach Heringsdorf. Bis heute ist Heringsdorf der älteste noch produzierende Standort für den Strandkorbbau.
Besonders Heringsdorf war geprägt von jüdischen Gewerbetreibenden, namhaften jüdischen Hausbesitzern und Gästen. Doch mit der NS-Machtergreifung wurden auch in den Kaiserbädern Juden systematisch vom öffentlichen Leben ausgegrenzt. Viele Unterkünfte und ganze Seebäder warben mit antisemitischen Aussagen. Ab 1935 war es Juden verboten den Strand zu nutzen.
Die Gemeinde Bansin ließ hinter der damaligen Seebrücke eine lange Baracke errichten und übergab dort allen Bansiner Fischern einen Arbeits- und Geräteraum. Die bis dahin überall am Strand verteilten Fischerhütten wurden beräumt.
Der Grundstein für die Kirche Bansin, auch Waldkirche genannt, wurde gelegt. Damals war sie die jüngste Kirche der Insel Usedom. Gebaut wurde sie nach dem Vorbild der Swinemünder Kreuzkirche, die heute nicht mehr existiert. Die Einweihung erfolgte am 12. Februar 1939. Bemerkenswert ist, dass die Baukosten alleine von der Gemeinde Bansin getragen wurden.
Um Schulkinder aus den vom Krieg bedrohten deutschen Städten in Sicherheit zu bringen, wurden sie oftmals mehrere Monate lang zusammen mit ihren Mitschülern in sogenannte KLV-Lager gebracht. Der Lager-Bedarf stieg durch die zunehmende Bombardierung deutscher Städte ab 1940 immer weiter an. Viele Hotels in den Kaiserbädern wurden zwischen 1941-1945 zu KLV-Lagern umfunktioniert.
Am 4. Mai 1945 hatten Wehrmacht und örtliche Führung Heringsdorf fluchtartig verlassen. Während der Besatzung durch die Rote Armee erlitt Heringsdorf keinerlei Zerstörung oder Schaden, nur die Bismarck-Warte wurde 1946 aus militärischen Gründen gesprengt. In der Besatzungszeit bis 1950 wurden Sperrbezirke eingerichtet und zahlreiche Villen und Hotels zum Sanatorium der Roten Armee. Hier konnten sich sowjetische Offiziere von den Kriegsfolgen erholen.
Für das im Februar 1946 durch ein Feuer zerstörte Strandcasino wurde 1947 im Auftrag der sowjetischen Militäradministration (SMAD) ein Kulturhaus errichtet. Es umfasste einen repräsentativen Theatersaal mit 750 Plätzen und gastronomische Einrichtungen. Das Giebel-Mosaik stammt von der Bildhauerin Karla Lucie Friedel. Nachdem 1948 im neuen Kulturhaus die ersten Gäste empfangen wurden, übertrug die SMAD 1950 das heute denkmalgeschützte Gebäude der Gemeinde Heringsdorf. Nach der Deutschen Einheit wurde es privatisiert, ab 1993 saniert und durch den 1996 fertiggestellten Anbau eines Hotels zum „Forum Usedom“ erweitert. 1997 wurde die Renovierung des Theatersaals abgeschlossen. In den früheren gastronomischen Bereichen war von 1998-2014 eine Spielbank untergebracht. Inzwischen befinden sich dort eine Modeboutique und Gastronomie. Der Theatersaal trägt heute den Namen „Kaiserbädersaal“ und gehört mit seinen 665 m² Fläche zu den größten und schönsten Veranstaltungszentren der Insel Usedom.
1950 wurden die als Sanatorium genutzten Gebäude zunächst der Gemeinde, später dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) übergeben. Die Vergabe der Unterkünfte und die Betreuung der Gäste erfolgte bis 1989 fast ausschließlich durch den FDGB-Feriendienst oder sogenannte Betriebsferienheime.
Während der „Aktion Rose“ wurden Hotel- und Pensionsinhaber in einer Nacht- und Nebelaktion unter fadenscheinigen Gründen enteignet. Auch diese Gebäude wurden dem FDGB-Feriendienst übergeben. 1990 wurden die enteigneten Hotels, Pensionen und Villen an ihre Eigentümer rückübertragen.
1954 brannte die Kaiser-Wilhelm-Brücke zunächst wasserseitig ab. 1958 brannte ebenso, verursacht durch Brandstiftung, der Eingangsbereich samt Ladenstraße nieder. Zum geplanten Wiederaufbau kam es erst nach der Deutschen Einheit.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Zahl an Fischern stark angestiegen. Ab 1946 organisierten sie sich in mehreren Entwicklungsstufen hin zu Fischereiproduktionsgenossenschaften (FPG), deren Musterstatut ab 1955 erarbeitet wurde. 1960 vereinigten sich die drei FPG von Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin zur FPG „10. Jahrestag“ mit Sitz in Ahlbeck. Bis 1990 ist die Fischerei der personell bedeutendste produzierende Wirtschaftszweig an der Usedomer Außenküste.
1,5 Millionen Mark hat das Kultur- und Verpflegungszentrum für FDGB-Urlauber und heute denkmalgeschützte Gebäude gekostet. Seit 2010 steht es leer. Ein Comeback mit touristischer Nutzung als „Haus der Erlebnisse“ ist in Planung.
Die Volkssternwarte entstand auf Anregung des Physikers und Heringsdorfer Stammgastes Manfred von Ardenne. Das 10-Zoll-Spiegelteleskop machte er der Gemeinde zum Geschenk.
Bansiner Einwohner gestalteten ab 1968 eine exotische Tier- und Pflanzenausstellung. Der Zuspruch war so groß, dass sich die Anlage erheblich vergrößerte und als „Tropenhaus“ zur Sehenswürdigkeit wurde.
1970 wurde das denkmalgeschützte Gebäude mit dem besonderen „Falt-Dach“ an der Heringsdorfer Strandpromenade eröffnet. Entworfen wurde es vom renommierten Bauingenieur Ulrich Müther, der mit diversen Bauten die DDR-Architektur prägte.
Das frühere Hotel und Kurhaus „Atlantic“ - ab 1950 FDGB-Ferienheim „Solidarität“ - war 1979 so stark verfallen, dass man es sprengte. Bis 1984 entstanden ein Versorgungszentrum und zwei zehngeschossige Plattenbauten, die 1.200 Gäste aufnehmen konnten.
Die Renovierung der historischen Ahlbecker Seebrücke für Loriots Film-Klassiker „Pappa ante portas“ markierte den Beginn eines neuen touristischen Zeitalters. Die auf der Seebrücke gedrehte Schlussszene hatte für Ahlbeck und die Insel Usedom ein erstes großes gesamtdeutsches Medieninteresse bewirkt.
Nach fast 40 Jahren ohne Seebrücke wurde in Heringsdorf eine neue, ausschließlich privat finanzierte Seebrücke eingeweiht – etwa 50 Meter neben ihrem niedergebrannten Vorgängerbau. Mit 508 Metern ist sie die längste Seebrücke Deutschlands.
Nach der Deutschen Wiedervereinigung von der Stilllegung bedroht, konnte sich die UBB mit der Übernahme des Inselbahnverkehrs ab 1. Juni 1995 zu einer der erfolgreichsten Regionalbahnen Deutschlands mit jährlich rund 3,6 Millionen Fahrgästen entwickeln. Der Ausbau von Strecken und Haltepunkten, die Instandsetzung der historischen Bahnhofsgebäude sowie die Entwicklung des Linienbusverkehrs hat die in Heringsdorf ansässige UBB zu einem der bedeutendsten Unternehmen der Kaiserbäder werden lassen.
Im März 1996 wurde am Ortseingang von Ahlbeck die Ostseetherme eröffnet, in der alle sechs Badebecken mit der in Heringsdorf geförderten Jodsole angereichert werden. Zur Ostseetherme gehört ein Kurmittelhaus, in der vom Badearzt verordnete physiotherapeutische und medizinische Anwendungen und Kuren verabreicht werden. Seit der Eröffnung wurden mehr als 3,5 Millionen Besucher gezählt (Stand 2021).
Nach der Grundsanierung der Betriebsanlagen von 1993-1996 wurde der Linien- und Charterverkehr aufgenommen. Während der Saison gibt es seither wechselnde Verbindungen aus Österreich, der Schweiz, Luxemburg, Polen und verschiedenen deutschen Großstädten. Mit einem Aufkommen von fast 45.000 Fluggästen war 2014 vorläufiges Spitzenjahr.
Stellvertretend für die Restaurierungsleistung nach der Deutschen Wiedervereinigung sei die Ehrung von Hotelier Gerhard Gühler und seinem Hotel zur Post in Bansin mit dem Deutschen Denkmalpreis genannt. Ab den Jahren 1992/1993 wurde ein Großteil der historischen Bausubstanz der Kaiserbäder instandgesetzt und sprichwörtlich in letzter Minute vor dem Verfall gerettet.
Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin durften sich Seeheilbad nennen. Seeheilbäder sind spezielle Kurorte in direkter Anbindung ans Meer, in denen das Seeklima für therapeutische Heilbehandlungen genutzt wird. Die örtliche Präsenz eines Badearztes für die verschreibungspflichtigen Kuren ist Vorschrift. Die Infrastruktur dieser Orte muss ausreichend Möglichkeiten zur Erholung bieten. Seeheilbäder dürfen Kurtaxen erheben. Das Zertifikat „Seeheilbad“ vergibt der Deutsche Heilbäderverband.
Im Jahr 2000 wurde das ehemalige Feuerwehrgebäude von Bansin zu einer Erinnerungsstätte für den größten Sohn der Gemeinde, den Schriftsteller und Initiator der „Gruppe 47“, Hans Werner Richter, umgebaut.
Nachdem die separaten Gemeinden Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin bereits seit 1995 einen gemeinsamen Kurzweckverband bildeten, erfolgte im Jahr 2005 auch die kommunale Fusion der drei Seebäder und ihrer Ortsteile Gothen, Alt Sallenthin, Neu Sallenthin und Sellin zur Gemeinde Ostseebad Heringsdorf. Erster Bürgermeister der neuen Gemeinde wurde Klaus Kottwittenborg.
Seit 1945 verläuft östlich der Kaiserbäder die deutsch-polnische Grenze. Bis zum Beitritt Polens zum Schengen-Raum im Jahr 2007 trennten ein breiter Grenzstreifen, Zäune und Kontrollen die deutsche und polnische Seite. Mit dem Ende der Grenzkontrollen erfolgte für 3,6 Millionen Euro die Verbindung der Strandpromenaden von Ahlbeck und Świnoujście (deutsch Swinemünde). Dabei entstand an der früheren Grenze eine 400 m² große Begegnungsplattform. Mit 12 Kilometern Länge gilt die durchgehende Strandpromenade von Bansin, Heringsdorf, Ahlbeck und Świnoujście als eine der längsten Europas.
Im November 2016 wurde in Heringsdorf der erste Kur- und Heilwald Europas übergeben. Durch 187 Hektar Fläche führen Pfade zu Plätzen, auf denen mit physischen und meditativen Übungen das Reizklima aus See- und Waldluft als ortsgebundenes Naturheilmittel bewusst genutzt werden kann.
Im früheren Sitz der Aktiengesellschaft Seebad Heringsdorf wurde eine der modernsten Touristeninformationen im Ostseeraum eingeweiht. Nach Jahrzehnten des Verschlusses konnte auch die Panzertür zum historischen Tresorraum geknackt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Zwischen Bahnhof und der ehemaligen Bismarck-Warte wurde am 1. Juni 2021 der Baumwipfelpfad Usedom in Heringsdorf eröffnet. Seine Gesamtlänge beträgt 1.350 Meter, der höchste Punkt des Aussichtsturms kommt auf 33 Meter. Der Baumwipfelpfad wird pro Jahr von etwa 250.000 Besuchern genutzt.
2023 sind die 31 Schaustelen mit begleitender App des Kaiserbäder Erlebnispfades eingeweiht worden. Mit dem Erlebnispfad wurde eine Schlüsselmaßnahme des örtlichen Tourismuskonzepts umgesetzt.
Telefon: 038378 244 44
E-Mail: info@kaiserbaeder-auf-usedom.de
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